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Bergen-Belsen Prozess

10 der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik den Rahmen konventionell definierter Kriegsver- brechen sprengten. 5 Während jedoch daraufhin insbesondere die Amerikaner innovative Rechtsinstrumente wie die Tatbestände des „Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ sowie des „Verbrechens gegen den Frieden“ entwickelten, beharrten die Briten aufgrund des in der engli- schen Rechtstradition verankerten Rückwirkungsverbots („nullum crimen, nulla poena sine le- ge“) darauf, das bestehende Internationale Recht unverändert anzuwenden. Dementsprechend enthielt die Anklage bei den britischen Nachkriegsprozessen ausschließlich den Tatbestand der „war crimes“, wie er etwa in der Haager Landkriegsordnung von 1907, der Genfer Konvention von 1929 oder dem gängigen britischen Militärstrafrecht festgelegt war. Indem die Briten – im Gegensatz zum Internationalen Militärtribunal in Nürnberg6 – bewusst darauf verzichteten, die neu geschaffenen Rechtskonstrukte zur Geltung zu bringen, nahmen sie in Kauf, dass nur nach 1939 (sprich: dem Kriegseintritt Großbritanniens) begangene und nur gegen alliierte Staatsan- gehörige verübte Verbrechen verhandelt werden konnten, da die international geltende Definiti- on von Kriegsverbrechen von Deutschen gegen Deutsche begangene Grausamkeiten nicht ein- schloss.7 Um trotz der erwähnten Einschränkung beim Tatbestand ein geeignetes Instru- mentarium für die Ahndung von NS- Verbrechen zu erhalten, wurden die für britische Militärtribunale üblichen Verfah- rensregeln in einigen entscheidenden Punkten modifiziert bzw. gelockert. Da erst am 20. Dezember 1945 mit dem Kont- rollratsgesetz Nr.10 einheitliche, für alle Zonen geltende Richtlinien zur Verfolgung von Kriegsverbrechern verabschiedet wurden,8 wurde der erste Belsen-Prozeß noch auf der Rechtsgrundlage der König- lichen Verordnung (Royal Warrant) vom 18. Juni 1945 9 durchgeführt. Diese sah u.a. eine Ausdehnung der möglichen Be- weismittel auf beeidigte Zeugenaussagen („affidavits“) vor, die die Identifizierung der Täter per Foto und nicht durch direkte Gegenüberstellung erlaubten und auch Zeugnisse vom Hörensagen („secondary“ bzw. „hearsay evidence“) umfassten. Damit glaubte man dem Um- 5 Vgl. James J. Weingartner, Early War Crimes Trials, in: United States Holocaust Memorial Museum (Hg.), Libera- tion 1945, Washington DC 1995, S. 80-92, hier S. 81f. 6 Charter of the Four Power Agreement vom 08.08.1945, Artikel 6a und 6c, in: Trials of War Criminals before the Nuremberg Military Tribunals under Control Council Law No. 10, München 1979, S. XI. 7 Vgl. Priscilla Dale Jones, British Policy Towards „Minor“ War Criminals 1939-1958, Cambridge 1990, S. 127f. 8 Vgl. Taylor, Nürnberger Prozesse, S. 18f. 9 Royal Warrant. Regulations for the Trials of War Criminals, in: Raymond Philipps, Trial of Joseph Kramer and 44 Others. The Belsen Trial (War Crimes Trial Series, Vol. II), London 1949, S. 647-651. Informationstafel, von den englischen Militär- behörden in Bergen-Belsen errichtet

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