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Bergen-Belsen Prozess

31 B. B. April1945. … In Wirklichkeit handelt es sich darum, den teuflischen und sicheren Tod Tausender menschli- cher Lebewesen herbeizuführen. Darüber gibt es nicht den geringsten Zweifel, nicht den geringsten Zweifel. Es genügt, alles, was hier geschieht, klar zu sehen und aufmerksam zu beobachten, um unausweichlich und ohne Zögern zu der Schlussfolgerung zu gelangen: Dieses Lager wurde nicht angelegt, um während einer bestimmten Zeit zivile Häftlinge oder Kriegsgefangene festzusetzen, ihnen provisorisch aus irgendwelchen politischen, diplo- matischen oder strategischen Gründen die Freiheit zu entziehen, in der Absicht, sie am Leben zu erhalten und vor oder nach dem Ende der Feindseligkeiten lebend zu übergeben – nein. Dieses Lager ist in bewusster Absicht und mit wissenschaftlicher Gründlichkeit so geschaffen und eingerichtet worden, dass hier methodisch und planmäßig Tausende menschlicher Wesen ausgerottet werden. Wenn das auch nur noch einen Monat dauert, ist es sehr zweifelhaft, ob auch nur ein einziger von uns dem noch entgeht.“ Lin Jaldati Lin Jaldati, geboren 1912 in Amsterdam und verheiratet mit dem deutschen Komponisten Eberhard Richter, wurde zusammen mit ihrer Schwester Jannie nach Auschwitz deportiert und von dort nach Bergen-Belsen. „Wir fragten Margot und Anne Frank, ob sie nicht zu uns kommen wollten. Aber Margot hatte abscheulichen Durch- fall und konnte sich nicht mehr halten. Wegen der Ansteckungsgefahr des Bauchtyphus musste sie im alten Block bleiben. Anne sorgte für sie, so gut es ging…In den Wochen danach besuchten wir uns oft gegenseitig, wir konn- ten ihnen auch ab und zu etwas Essen mitbringen. Es muss März gewesen, der Schneewar schon geschmolzen, als wir ie wieder einmal aufsuchen wollten, aber sie waren nicht mehr im Block. In der Krankenbaracke fanden wir sie. Wir beschworen sie, nicht dort zu bleiben, denn sobald man sich hinlegte und keinen Widerstand mehr auf- brachte, ging es zu Ende. Anne sagte nur:“ Hier können wir zu zweit auf einer Pritsche liegen, wir sind beisammen und haben Ruhe.“ Margot flüsterte nur noch. Sie hatte hohes Fiber. Am Tag darauf gingen wir wieder zu ihnen. Margot war von der Pritsche gefallen. Anne fiebert auch, sie war freundlich und lieb. „Margot wird gut schlafen, und wenn sie schläft, brauch ich nicht mehr aufzustehen.“ Wenige Tage danach war ihre Pritsche leer. Wir wussten, was das bedeutete. Draußen hinter der Baracke fanden wir sie. Wir legten ihre dünnen Körper in eine Decke und trugen sie zur großen Grube. Das war alles, wir noch zu tun vermochten. Rudolf Küstermeier: Bereits 1933 wurde der Sozialdemokrat wegen Widerstandshandlungen verhaftet und 1934 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Ende der Zuchthausstrafe wurde er in das KZ Sachsenhausen verbracht und kam anschließend mit einem Transport nach Bergen- Belsen. Seinen Bericht verfasste er im August 1945. „Dann begann die letzte Phase. Die SS versorgte sich mit Zivilkleidung und Rucksäcken, um ihr Verschwinden vor- zubereiten. Sie kamen kaum noch in die Baracken, und die schrecklichen Appelle hörten auf. Hier und da im Lager versammelten sich kleine Gruppen von Gefangenen, um, falls notwendig, die Leitung zu übernehmen. …. Kurz vorher war bekannt geworden, dass zwischen britischen und deutschen Offizieren ein Abkommen getroffen worden sei, demzufolge das Lager zum neutralen Gelände erklärt war. Dies wurde nicht offiziell verkündet, aber die Veränderungen, die durchgeführt wurden, schienen die Gerüchte zu bestätigen. Die meisten SS-Männer ver- schwanden, und statt ihrer erschienen ungarische Truppen und Soldaten der deutschen Wehrmacht. Der Sonde- rauftrag der zurückbleibenden SS war, das Lager instand zu setzen und insbesondere die Toten in die Massengrä- ber zu schaffen. … In der Nacht zum 15. April lag ich wach und schlief erst am nächsten Morgen ein. Plötzlich wurde ich durch einen russischen Arbeiter in unserem Block geweckt. „Komm, komm, schnell! schnell! Da sind Panzer auf der Stra- ße!“ Ich hörte das unverkennbare klappernde, rasselnde Geräusch…Von weitem hörte ich die Panzer den Lager- eingang passieren und eine Stimme von einem Lautsprecherwagen rufen. Ich wusste, dass wir frei waren. Ich lag und grübelte. Unablässig musste ich Flöhe und Wanzen abwehren, die keinen Augenblick aufhörten, mich zu fol- tern. Ich hatte Fieber und mein Kopf war schwer und benommen, aber mir war klar, dass wir frei waren. Über elf Jahre Gefangenschaft waren zu Ende. Ich lebte. Ich würde eine Chance haben, mich wieder zu erholen. Ich würde imstande sein, an der Wiederaufbauarbeit teilzunehmen. Ich dachte nicht an Rache, aber ich wusste, dass die teuf- lischste Tyrannei, die die moderne Welt erlebte hat, ihre letzten Stützpunkte verloren hatte, und dass es jetzt eine Chance gab für neue Männer und für ein neues Leben. Ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit erfüllte mich.“

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