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Bergen-Belsen Prozess

12 vernehmung zuständige Stelle gab und die britischen Truppen vor Ort völlig auf sich allein ge- stellt waren.12 Erst ganze zwei Wochen später gab das Hauptquartier der 21. Army Group die Einrichtung eines War Crimes Investigation Team (WCIT) bekannt, das mit nur vier für Befra- gungen ermächtigten Offizieren jedoch hoffnungslos unterbesetzt war, um einen Verbrechens- komplex aufzuklären, bei dem 50.000 Menschen den Tod gefunden hatten und dessen Täter- kreis mehrere hundert SS-Angehörige umfasste.13 Der Mangel an erfahrenem Personal ein- schließlich qualifizierter Übersetzer14 , das Fehlen eines geeigneten Fragenkatalogs für die oh- nehin schon unsystematische Vernehmung von Zeugen, die Tatsache, dass Häftlinge nach ih- rer Befragung ohne Angabe einer Verzugsadresse das Lager verließen und folglich ihre Aussa- gen vor Gericht nicht wiederholen konnten, Ungereimtheiten bei der Identifizierung von Tätern anhand den Zeugen vorgelegter Fotoserien15 , all das bot den Verteidigern im Prozess reichlich Gelegenheit, das Beweismaterial der Anklagevertretung als fragwürdig und unzureichend dar- zustellen. Am 17. September 1945 wurde das Verfahren eröffnet. Angeklagt waren SS-Hauptsturmführer Jo- sef Kramer, von Mai bis Dezember 1944 Kom- mandant des Vernich- tungslagers Auschwitz- Birkenau, anschließend Kommandant von Bergen- Belsen, sowie zwanzig de des Krieges war jeder müde, und sowohl im JAG als auch im Kriegsministerium spürte man, dass die Beschäf- tigung mit Kriegsverbrechen niemandem zu Ruhm und Ehre gereichen würde“]; Original zitiert nach ebd., S. 127. 12 Vgl. Hans-Jürgen Schekahn, Briten und Belsen. Die ersten Monate nach der Befreiung, in: Beiträge zur Ge- schichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Bd. 2: Kriegsende und Befreiung, Bremen 1995, S. 59ff. 13 “Beweismaterial strömte herbei wie eine Sintflut, und wir wurden davon überschwemmt”, so Colonel Gerald Dra- per, ein Mitglied des WCIT No.1. ”Unsere Bemühungen zu diesem Zeitpunkt wie auch später glichen denen eines Mannes, der am Ufer des Meeres stehend Zuckerwürfel ins Wasser wirft und ruft: ‘Werde süß!’ Wir versagten, weil die Strudel der Verbrechen so gewaltig waren und unsere Ressourcen so inadäquat”; im englischen Original zitiert in Bower, Blind Eye, S. 126. 14 Zwar wurden zwei Übersetzerinnen vor Gericht von Angehörigen des WCIT No.1 ob ihrer angeblich ausgezeich- neten Arbeit lobend erwähnt (vgl. Philipps, Belsen Trial, S. 95, 98 u. 113); andererseits bekennt Anita Lasker- Wallfisch, die ebenfalls für die britischen Ermittler arbeitete, in ihren Erinnerungen: „Vermutlich war ich die erste Dolmetscherin, die fast keine Ahnung von der Sprache hatte, in die sie übersetzen sollte [...] Ich verstand kein Wort von dem, was ich da abschrieb, und las alles phonetisch“; vgl. Anita Lasker-Wallfisch, Ihr sollt die Wahrheit erben. Die Cellistin von Auschwitz, Reinbek bei Hamburg 3. Auflage 2000, S.163. 15 So wurde beispielsweise Field-Marshal Bernard Montgomery, dessen Foto man unter die Aufnahmen der gefan- genen SS-Leute gemischt hatte, von einem Zeugen als Mitglied des Lagerpersonals identifiziert; vgl. Philipps, Bel- sen Trial, S. 108. Innenansicht der MTV-Turnhalle während des Prozesses

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