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Bergen-Belsen Prozess

8 Der erste Belsen-Prozess in Lüneburg 1945 John Cramer Obwohl mit dem so genannten ersten Bel- sen-Prozess, der vom 17. September bis zum 17. November 1945 in Lüneburg stattfand, vier Monate nach dem Sieg der Alliierten über das nationalsozialistische Deutschland zum ersten Mal ein Strafver- fahren gegen ehemaliges Konzentrations- lager-Personal durchgeführt wurde, ist ei- ne systematische und differenzierte Un- tersuchung des Prozesses und seiner Be- gleitumstände bislang unterblieben 1 und stellt nach wie vor ein Desiderat ge- schichtswissenschaftlicher Forschung dar.2 Dies ist umso erstaunlicher, als dem Historiker ein ebenso umfangreiches wie verschiede- nartiges Quellenmaterial zur Verfügung steht, das neben den eigentlichen Verfahrensunterlagen auch einen großen Korpus an Presseberichten sowie etliche Zeitzeugenerinnerungen umfasst und so schon allein quantitativ das immense Echo widerspiegelt, das der Prozess weltweit her- vorrief. Anhand dieses Materials können nicht nur die verfahrensimmanenten Vorgänge analy- siert werden; es ermöglicht vielmehr, die Einbettung des Prozesses in seinen historischen Kon- text nachzuvollziehen, also die dem Verfahren zugrunde liegenden rechtlich-politischen Überle- gungen und ermittlungstechnischen Vorbereitungen ebenso wie die vielfältigen Reaktions- und Rezeptionsformen auf den verschiedenen sozialen, kulturellen und politischen Ebenen. Somit mag es nicht nur gelingen, die Geschichte des Konzentrationslagers Bergen-Belsen um eine his- 1 Erst siebzehn Jahre nach seinem Ende war der Prozess erstmals Gegenstand wissenschaftlichen Interesses, als nämlich Eberhard Kolb im Zuge seiner Monographie über das Konzentrationslager Bergen-Belsen auch der Straf- verfolgung der Täter ein eigenes Kapitel widmete; vgl. ders., Bergen-Belsen. Geschichte des Aufenthaltslagers 1943-1945, Hannover 1962, S. 171-185. 2 In der vorhandenen Literatur werden die frühen Nachkriegsprozesse vor alliierten Militärgerichten zumeist als kursorisch abzuhandelnde Vorgeschichte zu den Nürnberger Prozessen bzw. zur strafrechtlichen Verfolgung von NS-Verbrechen in den beiden deutschen Staaten betrachtet; vgl. u.a. Gerd R. Ueberschär (Hg.), Der Nationalso- zialismus vor Gericht. Die alliierten Prozesse gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943-1952, Frankfurt a.M. 1999; Kerstin Freudiger, Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen. Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 33, Tübingen 2002; Telford Taylor, Die Nürnberger Prozesse. Hintergründe, Analysen und Erkenn- tnisse aus heutiger Sicht, München 1994; als Ausnahme vgl. vor allem Beiträge zur Geschichte der nationalsozia- listischen Verfolgung in Norddeutschland, Bd. 3: Die frühen Nachkriegsprozesse, Bremen 1997; Thomas Kubetzky, Der Drütte-Prozeß 1947. Ein Kriegsverbrecherprozeß vor einem britischen Militärgericht und seine Besonderheiten, in: Sabine Moller, Miriam Rürup und Christel Trouvé (Hg.), Abgeschlossene Kapitel? Zur Geschichte der Konzent- rationslager und der NS-Prozesse, Tübingen 2002, S. 145-157. John Cramer, 2. November 2005, Ratsbücherei Lünburg

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