Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Landrat Albrecht

______________________________________________________________________ 12 Schreiben des Landrats zur Entkräftung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe „Obengenannte Verfügung wurde mir hierher nachgesandt, die Verzögerung der Beantwortung bitte ich mit der Entfernung zu entschuldigen. Der…Sachverhalt ist folgender: Meine Frau war früher seit Jahren in der Behandlung des in seinem Fache besonders bewährten jüdischen Zahnarztes Dr. Phillip in Lüneburg. Auch am 30.1.1933 begab sie sich auf meine Veranlassung in die Behandlung eines arischen Zahnarztes in Lüneburg. Dieser setzte die von Dr. Phillip begonnene Behandlung einer Kiefer- und Wurzelerkrankung fort. Er (unterstrichen im Original) zog drei Zähne aus, ohne dass die Beschwerden dadurch befriedigt wurden. Da Gelenkrheumatismus hinzutrat und der Zustand gefährlich war, entschloss sich meine Frau, wiederum Dr. Phillip zu Rate zu ziehen. Sie hatte gehört, dass dessen anfangs erfolgter Ausschluss von der Krankenkassenpraxiss behördlich widerrufen und er wieder zur Behandlung deutscher Volksgenossen zugelassen war. Dr. Phillip beseitigte die Zahnbeschwerden in kurzer Zeit. Diese Behandlung hat im Januar/Februar 1935 stattgefunden. Seitdem ist meine Frau nicht wieder bei Dr. Phillip gewesen. Von dessen Teilhaber Dr. Marx ist sie nicht behandelt worden. Da meine Frau damals an Gelenkrheumatismus erkrankt war und sehr schlechtes Wetter herrschte, hatte ich ihr einmal die Benutzung des Kreiskraftwagens zu einer Stadtfahrt erlaubt. Ich habe Vorsorge getroffen, dass ein ähnlicher Vorgang sich nicht wiederholen wird.“ Mitarbeiter der Zahnarztpraxis Phillip/Marx: Vorne rechts Samuel Phillip, neben ihm Schwiegersohn Paul Marx. Den Familien Phillip und Marx gelang 1936 die Flucht aus Lüneburg ins Ausland. Diese Stellungnahme reichte dem Regierungspräsidenten anscheinend als Entschuldigung grundsätzlich aus, denn er kritisierte in einem Schreiben an Albrecht vom 27.8.1935 (mit Durchschrift an Gauleiter Telschow) zwar nochmals das Verhalten der Albrecht-Gattin, resümierte aber schließlich: „Von besonderen Maßnahmen will ich im vorliegenden Falle mit Rücksicht auf die Darlegung Ihres Berichts ausnahmsweise absehen.“ Dass dieser Vorgang auch reichsweit Beachtung fand, zeigt ein Schreiben des Reichsministeriums des Innern vom 2.9.1935 an den Regierungspräsidenten, in dem dieser darauf hingewiesen und in die Pflicht genommen wurde, in Hinkunft dafür Sorge zu tragen, dass ein derartiges Verhalten einer Landrats-Ehefrau ausgeschlossen bleibt und „… den Landrat Albrecht zu veranlassen, seiner Ehefrau ernstlich klarzumachen, dass sie als Gattin eines politischen Beamten, der noch Mitglied der NSDAP ist, sich unmöglich von einem jüdischen Zahnarzt behandeln lassen könne.“ Sicherlich auch als Reaktion auf diese Schelte von ganz oben fanden sich in den Folgejahren in den vom Regierungspräsidenten Matthaei ausgestellten Begutachtungs-Personalbögen über Albrecht lediglich noch befriedigende bis ausreichende Qualifikationsbeschreibungen.

Seitenübersicht