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Landrat Albrecht

______________________________________________________________________ 42 Die Antwort liegt sicher im spezifisch kleinstädtischen Gefüge Lüneburgs und dem „Überdauern des Faschismus in der Demokratie“ (Bloch), welches besonders auch in seinen Institutionen sichtbar wird (71): Weder die (ehemalige) Bezirksregierung, noch die Stadtverwaltung, die Justiz oder die vielen anderen Behörden wie die Kreisverwaltung bemühten sich bislang, ihre eigene NS- Geschichte systematisch kritisch zu hinterfragen, wohl in der Befürchtung, einst handelnde Personen und Familien „belasten“ zu müssen ebenso wie Strukturen dieser Einrichtungen zu entdecken, die den Faschismus überdauert haben. Es ist deshalb kein Zufall, dass im Rathaus das Portrait des SA-Führers Müller (wurde später Bürgermeister) in einer Ahnengalerie „zu bewundern“ ist ebenso wie im „Behördenzentrum Auf der Hude“ jenes der Nazi-Regierungspräsidenten und im Kreishaus das Konterfei von NS-Landrat Albrecht. Voraussetzung für eine derartige „Überdauerungs- bzw.Verdrängungsleistung“ aber war und ist die Dominanz konservativer Interpretation der Lüneburger Zeitgeschichte durch jene Einrichtungen und Personen, die hierfür die finanzielle Kraft und den politischen Einfluss besitzen. Ein weiteres Beispiel für diese „Nazi- Beschönigungsstrategie“ dieser das örtliche Geschichtsbild bestimmenden Organisationen und Personen zeigt ein Aufsatz über den hier zur Debatte stehenden Landrat Albrecht. Er wurde wohl als Beitrag um die Umbenennungsdiskussion der Landrat- Albrecht-Straße verfasst und soll hier näher vorgestellt werden(72): In seiner „Rot-Weiß-Blaue Mappe“ aus dem Jahre 2011 stellte der Bürgerverein Lüneburg (der im übrigen vor einiger Zeit noch vom NPD-Funktionär Walter Lodders geführt wurde (73)) wie in den Jahren zuvor seinen „Lob und Tadel-Bericht“ über bestimmte Aspekte der Stadtentwicklung vor, angereichert mit einigen Aufsätzen über die örtliche Geschichte. Herr Dr. Hans-Cord Sarnighausen veröffentlichte darin neben einem kurzen Exposee über einen „Lüneburger Hostienlöffel von 1656“ ebenfalls einen mehrseitigen Aufsatz mit dem Titel „Zur Landrat-Albrecht- Straße“. Im Autorenverzeichnis dieser Mappe berichtet Herr Dr. Sarnighausen (Richter am Oberverwaltungsgericht a. D.) über seine Hobbys und Interessen, sein familiäres Umfeld („drei promovierte Kinder“) und zum besseren Verständnis seines persönlichen Themenbezuges weist er darauf hin, als Heimatforscher bereits ca. 300 Veröffentlichungen vorgelegt zu haben, was auf eine achtbare fachliche Qualifikation schließen lässt, von ihm wohl auch so beabsichtigt. Nach einigen Angaben über die Existenz dieser Landrat-Albrecht-Straße, über Karrierestationen dieser Person und dem Hinweis auf ein von Hugo Friedrich Hartmann gemaltes Portrait des Albrecht stellt er die Frage: „Wer war und woher kam der hoch angesehene Landrat…“, um im zweiten Teil der Fragestellung die Antwort nach seiner Beliebtheit selber zu geben „… der mit 68 Jahren auch beim Arbeitseinsatz nach einem Luftangriff vom 18.4.1944 auf dem Fliegerhorst noch selbst mit anpackte?“ Wer in diesem hohen Alter sich dem Feind noch derart mutig entgegenzustellen vermochte, muss also, so ist zu schlussfolgern (eine weitere Begründung liefert Dr. Sarnighausen nicht), ein „hochangesehener“ Mensch gewesen sein. Dass dieser „Luftangriff vom 18.8.1944“ irgendwas mit dem Faschismus zu tun und ein politisches und militärisches Vorspiel hatte, an dem Landrat Albrecht „von Amts wegen“ beteiligt war, erwähnt Herr Dr. Sarnighausen mit keinem Wort. Stattdessen folgt ein Eintauchen in die Familiengeschichte derer von Albrechts, die bis in das Jahr 1583 nachgezeichnet wird (wie auch die Vorstellung des Familienwappens), deren interessantester Teil sicherlich in der Mitteilung besteht, dass der frühere niedersächsische Ministerpräsident Albrecht (und somit auch seine Tochter, die heutige Bundesministerin von der Leyen) ebenfalls aus dieser Familienlinie herstammt. Kommen manchem kritischen Zeitgenossen bei dem Hinweis auf diesen „Landesvater“ eher Stichwörter wie „Celler Loch“ in den Sinn, seine politischen Ränkespiele um das „Endlager Gorleben“ und die vielen weiteren Skandale des vormaligen Ministerpräsidenten, so beschreibt Herr Dr. Sarnighausen diese äußerst umstrittene Persönlichkeit im Stil der yellow press: „Dr. rer. pol. Ernst Albrecht, der 2010 seinen 80–jährigen Geburtstag als strahlender Familien- und Großvater begehen konnte.“ Ein Hinweis auf die Tätigkeit des Lüneburger Landrats Albrecht als Verwaltungschef, zumal während der NS-Zeit, findet sich im gesamten Aufsatz nicht, noch nicht einmal die Information, dass und warum Albrecht im April 1945 entlassen wurde. Stattdessen werden Geschichten aus dem Familienleben „in dieser schweren Zeit“ nach dem Tode Albrechts 1946 präsentiert: „Bei ihr (der Tochter, d. V.) lebte

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