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Landrat Albrecht

______________________________________________________________________ 4 Es kann von uns nicht nachvollzogen werden, warum diese Stellungnahme der Universität den Ausschussmitgliedern verschwiegen wurde, weil die Stadtverwaltung uns eine Einsichtnahme in das entsprechende Exposee der Archivleiterin nicht gestattet. Die Konsequenzen aber waren politisch immens: In den Folgejahren beriefen sich die örtlichen Politiker/-innen auf die Recherche der Archiv- direktorin bzw. den Bericht des Stadtrates, wenn bei verschiedenen Gelegenheiten eine Kritik an diesem Straßennamen vorgetragen wurde, wobei dem Überprüfungsbericht der Frau Dr. Reinhardt gar eine zusätzliche Seriosität angedichtet und er als „Arbeits- ergebnis einer wissenschaftlichen Kommission“ aufgewertet wurde. Über eine Veranstaltung der VVN-BdA berichtete das Hamburger Abendblatt am 27.8.2011: Die Politiker „verwiesen auf Ergebnisse, die eine wissenschaftliche Kommission im Jahr 2006 vorgelegt habe – damals seien alle Lüneburger Straßennamen geprüft worden. Diese beiden Namen (Hindenburg und Landrat Albrecht, d. V.) seien nicht als besonders kritisch angesehen worden.“ Derzeit ist eine positive Entwicklung zu vermerken. Vermutlich mit Änderung der Regierungskoalition nach der Kommunalwahl 2011 scheint ein Umdenken bei den derzeit dominierenden Parteien im Rat der Stadt stattgefunden zu haben. Die Lüneburger Landeszeitung meldete in ihrer Ausgabe vom 16.8.2012: „Politiker wollen Landrat-Albrecht- Straße umbenennen“ und am 7.9.2012: „Stadt will Meinung der (Straßen-) Anwohner hören“. -------------------------------------------------------------- Bei unserer Recherche sind wir vielfach auf unseriöse Argumente zur „Entnazifizierung“ des Landrates gestoßen, der gar als quasi-NS- Widerstandskämpfer dargestellt wird (s. S. 42 ff). Dabei wird insbesondere geschildert, dass Albrecht wegen seiner Nazi-Gegnerschaft seines Amtes enthoben werden sollte und „er aus der NSDAP ausgeschlossen (wurde), weil seine Frau weiterhin Kontakte zu jüdischen Mitbürgern hielt.“ Weil es uns fern liegt, „entlastende“ Argumente zu verschweigen, haben wir diesen Komplex sehr ausführlich dargestellt auf den Seiten 10 - 14, mussten allerdings feststellen, dass es sich dabei um ungeprüfte „Entlastungsbeweise“ handelt. Einen ernsthaften Einwurf zum Verständnis von Albrechts Verhalten nach 1933 nannte uns aber unsere inzwischen leider verstorbene Lüneburger Geschichtskollegin Helga von der Hellen, den wir den Lesern/-innen nicht vorenthalten wollen: Sie bezeichnete den Landrat als eine „tragische Figur“, der durch seine familiäre Situation sich zum Verbleib auf diesen Posten genötigt sah. Durch Gespräche mit ihrem Vater nach Albrechts Tod habe sie erfahren, dass Landrat Albrecht diese Funktion nach 1933 lediglich deshalb auszuüben gezwungen war, weil er dadurch seinen schwerbehinderten Sohn schützen wollte, der in den Betheler Anstalten betreut wurde. W. Albrecht befürchtete, so die Überlieferung des Vaters, dass die Nazis seinen Sohn im Zuge ihrer Vernichtungs- aktionen von „lebensunwertem Leben“ töten würden, wenn er nicht auf seinem Posten bliebe. Ob es sich bei dieser Darstellung um ein nachträgliches Rechtfertigungsargument des Landrats handelte (wie es nicht selten nach 1945 verschiedentlich vorgebracht wurde) oder aber sie die tatsächliche Motivlage des Landrates beschrieb, ist leider nicht mehr nachprüfbar. In den schriftlichen Überliefe- rungen sind keine Hinweise auf solche Überlegungen des Landrats zu finden. Zweifel an dieser mündlichen Überlieferung sind aber angebracht: Zum einen deshalb, weil sich zwar im Jahre 1933 bereits der völkische Wahn der Nazis auslebte, diese mörderischen Absichten wurden aber erst ab etwa 1938 publik und mündeten ab Oktober 1939 in den zunächst geheim gehaltenen systematischen Tötungen der „erbkranken“ Menschen. Gewichtiger aber als dieser Hinweis ist die Tatsache, dass Albrecht diese Motivlage für seinen Verbleib im Amt als Entlastungsargument selber nie vorgetragen hat. Selbst in seiner Berufungs- verhandlung 1946, als er gegen seine fristlose Kündigung und für einen zuvor aberkannten Pensionsanspruch stritt und dabei alle Argumente aufführte, die ein Verständnis für seinen Verbleib als Landrat nach der Machtübertragung 1933 begründen sollten, nannte er diesen persönlichen Hintergrund nicht, obwohl eine solche Schilderung wie keine zweite die Chance auf einen Pensions- anspruch hätte begründen können. Insofern bleibt diese mündliche Überlieferung doch sehr zweifelhaft. -------------------------------------------------------------- Dieser Beitrag zur notwendigen Diskussion und Entscheidungsfindung über die Umbenennung der Landrat-Albrecht-Straße setzte eine Recherche in verschiedenen Archiven voraus, die mit einigen Kosten verbunden war. Jede kleine Spende zur Minimierung unserer Ausgaben ist deshalb gerne gesehen auf das Konto der VVN-BdA Lüneburg, Kto.-Nr. 77172, BLZ 24050110 bei der Sparkasse Lüneburg. Lüneburg, im Oktober 2012

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